Zimtwolke

  • 27. Juli 2015

    Im Großraumbüro haben die Kollegen aber ganz schön Augen gemacht, als die schöne Marie telefonisch beim Arzt nicht nur für sich selbst, sondern auch für mich einen Termin vereinbart hat (und das auch noch zur gleichen Zeit). Bei uns im Büro ist es nicht oft ruhig, aber das war so einer dieser Momente.

    Zwei Wochen später vor Ort in der Gemeinschaftspraxis wurde ich zuerst aufgerufen. Kaum im Sprechzimmer angekommen, sollte ich mich natürlich gleich nackig machen. Das Sprechzimmer hatte zwei Türen. Eine Tür zum Betreten und die zweite Tür führte direkt ins benachbarte Sprechzimmer. Während ich da so nackt herum lag, wechselte die Arzthelferin ständig zwischen den beiden Zimmern hin und her. Nach kurzer Zeit hörte ich aus dem anderen Zimmer die Stimme von Marie. Da hab ich schon überlegt, ob mir das jetzt zu privat ist. Marie und ich haben dann beide ein FollowUp verpasst bekommen. Das hat dann aber jeder für sich alleine wahrgenommen.

    Es folgte ein ambulanter OP. Die Ärztin so: „Nicht gucken! Da sind schon ganz dicke Jungs umgefallen.“ Ich so: „So cool bin ich nicht, deswegen kann mir da nichts passieren.“ Trotzdem ist mir dann aber ganz schön anders geworden. Am Ende, die Ärztin so: „Sie können sich jetzt aufrichten, aber erst mal Sitzen bleiben, wegen dem Kreislauf.“ Daraufhin richtete ich mich auf und bin natürlich gleich aufgestanden. Und alles drehte sich (ich komme mir ja so oft vor wie ein kleines Kind).

    Seit der OP zeigen uns Marie und ich manchmal im Büro gegenseitig unsere Narben und witzeln darüber. Die Kollegen konnten das bisher noch nicht enträtseln. Was auch total klar ist, weil es da eigentlich gar nichts zu enträtseln gibt.

  • 12. Juli 2015

    Worum geht es in deinem Blog?

    Tja, wenn ich das wüsste! Mein Blog ist nun etwas über zwei Jahre alt. Am Anfang hab ich vor allem über technisch-orientierte Themen geschrieben. Nach ein paar Beiträgen wurde mir das zu langweilig und ich habe mich gesellschaftlichen Themen zugewendet. Irgendwann streute ich ab und an Filmbetrachtungen ein. Für einen Post habe ich sogar mal ein kleines WordPress Plugin geschrieben. Natürlich konnte ich auch meinen Fetisch nicht aussparen, den Menschen. Mit der Zeit wurde mein Blog persönlicher und im Moment publiziere ich ganz gerne lustige Texte. Eigentlich weiß ich im Großen und Ganzen aber selbst nicht, was ich da mache.

    Ich hatte immer die Hoffnung, dass sich irgendwann der Schwerpunkt von alleine einstellt. Aber das thematische Pendel schwingt immer noch munter hin und her. Ich dachte, vielleicht hilft mir das Verständnis der Anderen, um mein eigenes Verständnis zu entwickeln. Aber meinen Leser fällt die Beschreibung von unmus genauso schwer, was sehr interessant ist! Es kommt nicht allzu häufig vor, aber manchmal werde ich in der Blogosphäre verlinkt. In diesen Fällen kopieren die Autoren in ihrer Hilfslosigkeit meistens die nichtssagende Beschreibung aus meiner About Seite.

    Und so steht mein kleiner Blog im Internet herum und kein Mensch weiß, was der ganze Scheiß eigentlich soll.

  • 26. Juni 2015

    Wenn man sich ein bisschen mit Informationstechnik auskennt, wird man häufig nach Hilfe gefragt. Da fragen Freunde. Da fragen Verwandte. Da fragen die Eltern. Das kann manchmal schon etwas nervig sein. Aber ich helfe gerne, weil Menschen sich einfach einander helfen müssen, weil dann alles viel schöner ist. Trotzdem habe ich zeitgleich Wut im Bauch.

    Auf der letzten Beerdigung in der Familie war meine Tante nicht in Lage vorab das Handy zu muten und es hat natürlich geklingelt. Vor einem Monat kaufte sich mein Onkel ein neues Notebook und ist nach dem Einschalten schon an der ersten Frage der Installationsroutine gescheitert. Letzte Woche konnte eine Freundin keine SMS mehr verschicken, ich habe geschlagene zwei Stunden aus der Ferne versucht, den Fehler zu diagnostizieren und am Ende war der Fehler, dass der betroffene Kontakt im Telefonbuch gar keine Handynummer eingetragen hatte.

    Meine Wut richtet sich aber nicht gegen die Betroffenen oder gegen die Angst vor der Technik. Meine Wut richtet sich gegen die digitale Spaltung und gegen ein Umfeld, welches diese Spaltung zulässt. Meine Wut richtet sich auf das Bildungssystem, welches Informatik immer noch stiefmütterlich behandelt. Meine Wut richtet sich an die IT-Industrie, deren Produkte und Technologien immer noch viel zu kompliziert sind.

    Wenn man nicht tapezieren oder Nägel in die Wand schlagen kann, halb so wild. Aber die Informatik durchzieht alle Lebensbereiche und das, was wir gerade erleben, ist immer noch der Anfang.

  • 21. Juni 2015

    Als Kind bin ich auf einem kleinen Dorf aufgewachsen. Das Dorf hat heute ungefähr 750 Einwohner. Damals wahrscheinlich noch ein paar weniger. Der Friedhof des Dorfes liegt außerhalb. Zum Friedhof führt ein kleiner Gehweg durch landwirtschaftliche Felder. Am Gehweg stehen links des Weges durchgängig kleine Bäume. Das Idyll könnte beinah einem Bilderbuch entspringen.

    Wenn ich früher mit Oma auf dem Friedhof war, hat sie mich immer angehalten, ruhig zu sein und sich zu benehmen. Auf dem Friedhof ruhen die Toten und die Toten darf man nicht stören. Das war eine ernste Sache. Mit einem Freund habe ich damals manchmal auf dem Friedhof gespielt. Der Reiz des Spieles lag hauptsächlich darin, etwas Verbotenes zu tun. Einmal fiel dabei ein Grabstein um. Ich hatte deswegen lange Zeit ein schlechtes Gewissen.

    Das ist alles schon sehr lange her. Ich bin kein Kind mehr, aber die kleine Lana ist jetzt ein Kind. Hinter meinem Elternhof liegen Weinberge und ich fahre oft mit Lana zwischen den Feldern entlang. Lana im Laufrad, ich auf dem Tretroller. Letztens kam ich auf die Idee, mit Lana das Grab von Opa und Oma zu besuchen. Früher wäre das nicht erlaubt gewesen, aber wir fuhren mit Laufrad und Tretroller über den Friedhof und haben dabei viel gelacht. Das Verbot von damals kommt mir heute ziemlich albern vor.

    Wenn man dann schon mal auf dem Friedhof ist, gießt man halt auch das Grab. Die Gießkannen auf dem Friedhof sind riesig. Ich glaub, ich habe noch nie so riesige Gießkannen gesehen. Damit Lana auch gießen konnte, mussten wir also alles zusammen machen. Und ich dachte mir, wie blöd ist das denn, diese riesigen Gießkannen? Ich will gar nicht wissen, wie sich die ganzen Omas damit unnötig abmühen.

    Das Gießen hat der Kleinen dann unerwartet viel Freude gemacht. So viel Spaß, dass wir fremde Gräber und letztendlich den halben Friedhof durchgegossen haben. Auf dem Rückweg habe ich mir in Gedanken ausgemalt, ob sich wohl die hiesigen Omas die nächsten Tage darüber freuen werden.

  • 10. Juni 2015

    Ich bin schon immer gerne durch die Stadt gelaufen. Durch all den Schmutz, durch all den Lärm, durch all die Menschen. Morgens schlendere ich gerade häufig vom Rathaus-Center in Ludwigshafen durch die Innenstadt bis in den Stadtteil Süd hinein. Unterwegs kaufe ich mir einen Latte Macchiato to Go.

    Nach der Hälfte des Weges komme ich an der städtischen Bibliothek vorbei. Vor drei Jahren hab ich dort ein Buch für einen Kollegen abgegeben und eine Überziehungsgebühr bezahlt. Neben der Bibliothek ist ein Cafe. Früher hab ich dort viel Zeit verbracht. Aber das Cafe hat sich mittlerweile verändert und ich fühle mich darin nicht mehr richtig wohl. Das Cafe gehört Valle. Valle ist einer der nettesten Menschen, die ich kenne. Gegenüber vom Cafe ist irgendeine weiterführende Schule. Was für eine Schule genau, das weiß ich nicht. Vor der Schule sitzt jeden Tag ein Mann. Neben dem Mann steht ein Einkaufswagen und im Einkaufswagen sind viele Tüten.

    Der Mann sitzt nicht nur da. Jeden Tag macht es den Anschein als hielte er eine Rede. Er wedelt mit den Armen, appelliert ins Leere und setzt seine Mimik ein. Es ist kein Publikum da. Seine Stimme ist nicht allzu laut, aber auch nicht leise. Man versteht kein Wort, obwohl der Mann nicht in einer Fremdsprache spricht. Es klingt beinah so als hätte er vergessen, aus welchen Buchstaben die Worte gebildet werden oder wie man die Vokale und Konsonanten richtig ausspricht. Vielleicht sind auch die Worte insgesamt nicht richtig kombiniert. Ich weiß es nicht. Ich verstehe nicht, was er sagt. Ich weiß nicht, ob er die Passanten überhaupt registriert. Ich frage mich, ob es ihm selbst bewusst ist. Ich gehe beinah jeden Tag an dem Mann vorbei.

    Was muss alles geschehen, dass man irgendwann die eigene Sprache verliert? Welche Möglichkeit verbleiben, um an die Umwelt anzukoppeln? Aber die größte Frage ist, die ich mir täglich im Vorbeigehen stelle, was ist mit uns nur verkehrt? Mit uns stimmt doch was nicht. Mitten unter uns hat jemand seine Sprache verloren.

  • 6. Juni 2015

    Du kannst genau das Leben leben, das du leben möchtest. Du brauchst es nicht zu erklären oder zu rechtfertigen. Du musst dir auch keine Legitimation erstreiten. Du brauchst niemanden, der dir den Weg dafür frei macht. Weil du längst unterwegs bist. Du brauchst dich nicht mit fremden Gedanken aufzuhalten. Du brauchst dich nicht zu Empören und du musst niemanden von deinen Ansätzen überzeugen. Du brauchst keine Community, die dich begleitet und unterstützt. Die Community muss das erst ausdiskutieren. Aber du bist längst dort. Und die Community folgt dir von ganz allein. Weil du selbst die Botschaft bist und viel heller strahlst und mitreißender bist als jedes einzelne Wort, das man aussprechen könnte.

    Dieser Absatz stammt aus einem ersten Entwurf von Eure Debatten langweilen mich. Den Text habe ich vor drei Monaten auf meinem Blog veröffentlicht. In der Endfassung fiel der obige Absatz der Kürzung zum Opfer.

  • 23. Mai 2015

    Ich trage gerne Schuhe. Also so richtiges Schuhwerk. In schlapprigen Hausschuhen fühle ich mich gar nicht wohl. Und strümpfig schon dreimal nicht. Zuhause hab ich meistens Sneakers an. Sneakers sind cool. Richtige Schuhe und trotzdem bequem. Weil ich so ein Mamakind bin und deswegen häufig meine Eltern besuche, hab ich dort fest ein paar Sneakers stehen. Die liegen im Büro zwischen den Akten. Wenn ich bei meinen Eltern ankomme, lege ich nämlich meistens erstmal meine Handtasche im Büro ab. Und deswegen ist das ein guter Ort, um die Sneakers zu platzieren, kann ich also gleich reinschlüpfen.

    So neumodischer Etebetete-Firlefanz wie Hausschuhe gibt’s bei meinen Eltern nicht. Das ginge auch gar nicht, sonst wären meine Eltern den ganzen Tag damit beschäftigt, die Schuhe zu wechseln. Weil man halt den ganzen Tag rein und raus muss. Wir leben auf einem kleinen Hof und da macht man schon täglich seine Kilometer. Da biste abends ganz schön platt. Außerhalb im ernsten Leben trage ich so klassisches, schwarzes Lederschuhwerk. Dieses Schuhwerk ist toll, aber zum Chillen ist einfach das nix.

    Meine Schwester und ich haben selten Fetz. In den meisten Dingen denken wir gleich. Außer bei Schuhen. Da wurde sie leider von ihrem Freund assimiliert. Jedenfalls sind in der Wohnung meiner Schwester keine Straßenschuhe erlaubt. Deswegen hat sie für Besucher einen ganzen Berg von Pantoffeln vorrätig. Für mich macht sie da leider auch keine Ausnahme! Voll ätzend!

    Bevor ich meine Schwester besuche, mache ich meistens noch einen kurzen Abstecher bei meinen Eltern. Vor ein paar Wochen habe ich einfach meine dortigen Sneakers zu meiner Schwester mitgenommen (diese „Haus-Sneakers“ sind nämlich erlaubt). Hab mich dann gleich viel wohler gefühlt, bin auch länger dort geblieben. Weil meine Schwester aus anderen Gründen noch öfter als ich bei meinen Eltern ist, habe ich gedacht, den Rücktransport, das kann ja sie dann übernehmen. Der Ansatz war richtig cool. So cool, dass sich dieser Kreislauf irgendwie eingebürgert hat. Ich nehme meine Eltern-Sneaker mit zu meiner Schwester und meine Schwester bringt diese nebenbei wieder zurück.

    Eigentlich mache ich nicht gerne Umstände. Umstände sind blöd. Ich wundere mich oft über andere Menschen, wie gut die Umstände machen können und sich überhaupt nichts dabei denken. Ich bin im Leben immer bestrebt, keine Umstände zu machen. Letztens frag ich so beiläufig meine Schwester, dir macht das doch nichts aus, die Schuhe mitzunehmen, oder? „Marco, das ist voll nervig!“ Menno! Immer wenn ich denke, jetzt hab ich die Lösung.

  • 12. Mai 2015

    Es gibt da so eine Frau, die läuft mir schon seit Jahren immer mal wieder über den Weg. Und immer wenn sie mir über den Weg läuft, fällt sie mir ins Auge.

    Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so eine traurige Frau gesehen. Traurig ist gar kein Ausdruck. Man hat sofort das Bedürfnis, sie zu umarmen. Das Bild von Jesus am Kreuz drückt sich unweigerlich in die Gedanken. Es fällt schwer, die richtigen Worte zu finden. Ich weiß nicht warum (einen Beschützerinstinkt habe ich nicht), aber diese Frau zieht mich an.

    Irgendwann habe ich dann bemerkt, dass sie für das gleiche Unternehmen arbeitet. Irgendwann ist mir zufällig ihr Name zugeflogen. Irgendwann habe ich einer Kollegin von der Frau erzählt. Und meine Kollegin wusste sofort von wem ich spreche.

    „Marco, mir zieht sich immer der Bauch zusammen, wenn ich ihr begegne. Johanna sieht aus wie der Tod.“

  • 19. April 2015

    Hab ne’ Idee (beschließt etwas zu malen).

    Nächster Tag: Kauft Holzstifte.
    Übernächster Tag: Kauft Radiergummi.
    Überübernächster Tag: Kauft Spitzer.

    Bin halt n’ Profi.

  • 11. April 2015

    Ich besitze ein Auto und dieser Besitz ist purer Luxus. Eigentlich benötige ich nämlich kein Auto. Meinen Alltag kann ich vollständig mit Bahn, Bus, Straßenbahn und zu Fuß bewältigen. Deswegen steht mein Auto manchmal vier Wochen lang unbenutzt auf der Straße. Aber ich hab auch so Phasen, da fahre ich täglich. Wie ich halt lustig bin. Bisher hab ich es einfach nicht über das Herz gebracht, mich vom Auto zu trennen. Ich komm halt vom Land und auf dem Land gehört ein Auto dazu.

    Mein Auto hat einen Diesel-Motor und das Fahrzeug benötigt im Schnitt 3,0 Liter auf 100 Kilometer. Es ist in Leichtbauweise gefertigt, viele Teile bestehen aus Aluminium oder Magnesium. Der Schadstoffausstoss beträgt rund 80 Gramm CO2 pro Kilometer. Statistisch betrachtet bin ich also mit meinem Auto sogar umweltfreundlicher unterwegs als mit der Bahn (zumindest, wenn ich einen Beifahrer mit habe). Mein Auto ist 15 Jahre alt (Baujahr 2000).

    Wenn man nun heute (im Jahr 2015) ein neues und sparsames Auto kaufen möchte, gibt es keine Fahrzeuge mit einem Verbrauch von unter 4 Liter auf dem Markt. Selbst ein neuer SMART hat einen Durchschnittsverbrauch von über 4 Liter. Sorry! Da kann ich hundertmal drüber nachdenken, das verstehe ich einfach nicht.

    Lupo 3L TDI