Zimtwolke

  • 11. April 2016

    Ich bin ja der Meinung, das Wort Vorführeffekt ist nicht hinreichend ausdifferenziert. Das gibt es nämlich in zwei Varianten. Bei mir läuft das meistens so:

    Letztes Jahr hab ich mir ein CarPlay System ins Auto einbauen lassen und gleich danach wollte ich es ganz stolz einer Freundin vorführen. Natürlich ist das CarPlay erstmal abgestürzt. Oder als ich vor ein paar Wochen das Internet bei meinen Eltern umgestellt habe. Voll begeistert berichte ich meiner Schwester: „Das neue Internet, ich sag dir, voll geil, sauschnell und richtig stabil.“ Meine Schwester öffnet Safari und als Erstes kommt die Fehlermeldung „Diese Seite kann nicht angezeigt werden. Bitte prüfen Sie Ihre Internetverbindung“ hoch. Und letztens habe ich gegenüber einem Kollegen von einer Internetseite geschwärmt, die ich gemacht habe und die doch so toll aussieht (hab ich doch nicht wissen können, dass er noch einen Uralt-Browser benutzt, der das ganze Layout zerstückelt).

    Bei meinem Papa hingegen verhält sich der Vorführeffekt komplett andersrum.

    Papa: Maaaaaaaaaaaaaarco! Komm mal! Da geht was nicht am Computer!
    (lasse natürlich alles stehen und liegen)
    Ich: Zeig mal. Was willst du genau machen?
    Papa: Ich will [das und das]* machen. *beliebigen Vorgang einsetzen
    (Papa klickt seltsam am Windows rum)
    (ich denke: seltsamer Klickweg, aber gut, umständlich, ist aber nicht direkt falsch)
    Papa: Komisch! Jetzt geht’s.

    Skizze: Desktop Computer

  • 2. April 2016

    Ich habe einen Drucker. Aber ich hätte gerne keinen Drucker. Das Problem ist, ab und zu muss ich doch mal was drucken. Immerhin kann man schon direkt vom iPad oder iPhone drucken, was irgendwie cool ist. Aber Schön ist so ein Drucker trotzdem nicht. Vor allem wenn er in der Wohnung steht (aber wo soll man ihn sonst hinstellen?). Ich versteh das ja gar nicht. Es gibt so viele schöne Formen und Strukturen auf der Welt, aber das Druckerdesign ist irgendwie in den 80ern hängen geblieben. Deswegen träume ich schon seit Jahren vom Drucken aus der Cloud. Die Architektur ist ganz einfach. Ich stelle mir das so vor. Realisiert ist das Ganze über einen virtuellen Druckertreiber ganz normal auf dem Betriebssystem, welcher den Druckauftrag über das Internet an einen Printing Provider übermittelt. Ganz ähnlich wie beim PDF-Drucker von Acrobat. Egal, was man reindruckt, heraus kommt ein PDF. Und genauso funktioniert auch das Cloud Printing. Nur kommt kein PDF raus, sondern der Druck liegt am nächsten Tag im Briefkasten. Aber die Kosten! Man denke nur an die Kosten (also die Versandkosten)! Ja, ich denke ja auch an die Kosten. Was haben mich schon all die ganzen eingetrockneten Tintenpatronen gekostet, weil ich monatelang mal wieder nichts gedruckt hat. Nein, daran will ich wirklich nicht denken. So – ich hab’s erfunden. Wer kümmert sich nun um die Realisierung? Ich selbst kann nicht – ich reagiere auf Papier allergisch.

    Cloud Printing

  • 31. März 2016

    Seit heute ist das iPad Pro in 9,7 Zoll von Apple zum Kauf erhältlich. Wenn man das iPad Pro im Apple Online Store bestellt, beträgt die Lieferzeit nur vier Tage. Die Vorbestellungen wurden heute sogar pünktlich ausgeliefert. Vor 5 Jahren zum Verkaufsstart des iPad 2 sah das alles noch ganz anders aus. Unter einer Lieferzeit von mindestens drei bis vier Wochen ging gar nichts. Und vor Ort in den Ladengeschäften war die Situation auch nicht besser.

    Die Lage vor dem Apple Store in Frankfurt am Main.

    iPad 2 Verkaufsstart in Frankfurt

    Die Schlange führte um den ganzen Häuserblock.

    iPad 2 Verkaufsstart in Frankfurt

    Sie geht und geht und geht … immer weiter …

    iPad 2 Verkaufsstart in Frankfurt

    … hörte irgendwie gar nicht mehr auf.

    iPad 2 Verkaufsstart in Frankfurt

    Ganz Schlaue versuchten ihr Glück bei Vertragspartnern wie Gravis, aber keine Chance.

    iPad 2 Verkaufsstart in Frankfurt

  • 29. März 2016

    Letztes Jahr habe ich beruflich recht viele Seminare besucht. Bei Seminaren organisiert mein Arbeitgeber oft einen Fahrdienst, welcher die Teilnehmer zum Veranstaltungsort bringt. Das ist echt ein Luxus. Und dieser Luxus ist optional. Man kann den Fahrdienst nutzen, muss es aber nicht. Obwohl es für mich meistens sogar etwas umständlicher ist, versuche ich immer den Fahrdienst in Anspruch zu nehmen (bevor es irgendwann keinen Fahrdienst mehr gibt).

    In der Regel erhalten die Teilnehmer vor der Schulung eine Teilnehmerliste, was sehr praktisch ist. Das bewahrt vor bösen Überraschungen (Chef? Du auch hier?). Was die Teilnehmer aber vorab leider nicht erhalten, ist eine Fahrdienstinanspruchnehmerliste. Jedenfalls stand ich morgens an der Bushaltestelle und keiner der anderen Teilnehmer weit und breit. Da wird man innerlich schon etwas unsicher (Richtiger Tag? Richtige Uhrzeit? Richtige Bushaltestelle?).

    Aber immerhin standen da noch vier andere Personen. Die machten zwar nicht den Eindruck, als kämen sie aus meinem Berufsfeld (weil sie völlig andere Codes benutzten), jedoch wollten sie ins gleiche Hotel (aber anderes Seminar). Und der Fahrdienst kam dann auch (also ein riesiger Reisebus). Und dieser riesige Reisebus fuhr uns (5 Personen) dann zum Seminar. Da hab ich gedacht, also hinsichtlich der Kapazität, hab ich gedacht, da müssen wir noch besser werden.

    Drei Tage später, Rückfahrt. An der Bushaltestelle stand ich dann aber allein. Von den anderen Teilnehmern keine Spur, was mich schon wieder ein bisschen verunsicherte. Immerhin hat mich dann kein Reisebus abgeholt, sondern ein Van. Ein Van ist zwar kein Viersitzer, aber dafür auch kein riesiger Reisebus (hat sich nur noch ein bisschen komisch angefühlt).

    Die Unsicherheit war aber gerechtfertigt. Das habe ich dann auf meinem nächsten Seminar gelernt. Jedenfalls wusste ich diesmal, dass zwei Kollegen ebenfalls den Fahrdienst nutzen wollten. Also standen wir morgens zu dritt an der Bushaltestelle. Nicht, dass der Reisebus deswegen kleiner gewesen wäre (so ein Reisebus hat 45 Plätze, ich hab’s gezählt).

    Meine Kollegin Anna hat dann mit dem Busfahrer am Zielort vereinbart, sich noch mal am Abreisetag telefonisch abzustimmen, ob die Abholung überhaupt nötig ist. Weil wir vielleicht auch mit Kollegen zurückfahren könnten. Und so haben wir es dann auch gemacht und am Abreisetag den Bus abgesagt. Was wir allerdings nicht wussten, dass noch eine andere Gruppe abzuholen war (die ham dann leider vergeblich auf den Bus gewartet).

  • 26. Februar 2016

    Folgendes eMail habe ich gestern von einem Lehrer aus Bremen erhalten.

    Sehr geehrter Herr Hiltscher,     < – gleich in der Anrede ein Rechtschreibfehler

    meine Schüler haben Ihre Seite zitiert.

    Da biste erstmal platt!

    Nun muss ich entscheiden, ob ich Ihre Seite als „zitierfähig“ zulasse.

    What?

    Eigentlich war ich der Annahme, jegliche Form der Existenz wäre im default automatisch zitierfähig. Im Umkehrbeweis ist schließlich alles, was nicht existiert (also nicht gesagt oder publiziert) auch nicht zitierfähig. Logisch, oder?

    Leider finde ich nirgendwo ein Hinweis auf Ihre Qualifikation.
    Sind Sie Germanist?

    Aha! Da kommt’s raus! Er meint gar nicht zitierfähig, sondern viel mehr zitierwürdig. Und diese Zitierwürdigkeit wird nicht davon abhängig gemacht, ob die vorliegende Publikation gewisse fachliche Anforderungen erfüllt, was er natürlich selbst beurteilen können müsste, sondern an dem fachlichen Bildungsgrad des Autors, welcher leider in diesem Fall (weil ich mich selbst betreffend immer wortkarg bin) unbekannt ist.

    Zudem ist „ein Hinweis“ falsch dekliniert!!!

    Mit freundlichen Grüßen
    P.Schuster

    Da antworte ich lieber nicht drauf.
    PS: Nein. Ich bin kein Germanist.

  • 15. Februar 2016

    Also letzte Weihnachten, das war ganz komisch, das wollte ich unbedingt noch erzählen. Wir sind nämlich pünktlich zuhause losgefahren und waren sogar ein paar Minuten früher zum Weihnachtsessen im Restaurant.

    Normalerweise läuft das so: Es ist Zeit und wir müssten eigentlich losfahren. Aber Mama findet den Autoschlüssel nicht. Und niemand kann sich daran erinnern, den Schlüssel irgendwo im Haus gesehen zu haben. Papa ist noch nicht richtig umgezogen und wird deswegen von einem beliebigen Familienmitglied lautstark angetrieben. Und ich muss unbedingt noch mal aufs Klo, außerdem wollte ich auch noch eine Zigarette rauchen. Mein Bruder steht derzeit im Hof und fragt sich, ob hier eventuell alle verrückt sind.

    Es dauert quasi ewig bis wir alle im Auto sitzen. Aber losfahren ist noch nicht, weil irgendjemand irgendeine Tür nur mit einmal Schlüssel drehen abgeschlossen hat, aber Papa drauf besteht, dass man zweimal drehen muss. Und dann fällt Mama ein, dass der Hund ja noch in der Wohnung ist. Und sollen wir nicht doch lieber den Rollator anstatt des Stocks für das mobilitätseingeschränkte Familienmitglied mitnehmen? All diese Themen müssen natürlich im Detail ausdiskutiert werden, bevor wir endlich losfahren können.

    Pünktlich im Restaurant ankommen, das bisher immer eine Utopie, das haben wir bis letzte Weihnachten noch nie geschafft.

  • 8. Januar 2016

    Wenn jemand im öffentlichen Raum laut telefoniert, darauf reagieren viele Leute extrem genervt. Schließlich hat man seine eigenen Gedanken und kann sich diesen Gedanken nicht richtig zuwenden. Weil man dauernd vom Telefongespräch des Anderen gestört wird. Das ist natürlich ärgerlich. Aber ich mag das! Das ist wie Twitter. Nur in echt. Da kann man mal so richtig in ein anderes Leben hineinhören. Man erfährt, dass der Lautimöffentlichenraumtelefonierer sich zwar verspätet, aber um 7 Uhr zuhause ist. Dass es Oma immer schlechter geht. Dass der beste Freund grad was mit der Nachbarin hat. Dass man etwas schon hundertmal gesagt hat. Dass man noch ein Brot kaufen muss, aber nicht irgendeins, sondern ein ganz bestimmtes, aber sich nicht mehr dran erinnert, welches Brot das noch mal genau war. Ist doch toll! Ganz, ganz toll!!!

  • 31. Dezember 2015

    Es ist zwischen den Jahren. Die Tage halten inne. Papa und sein Freund sitzen im Büro und beleuchten den Zustand der Welt. Ich lese etwas im Internet und höre beiläufig zu. Irgendwann sagt Papa, die jungen Leute haben heutzutage gar keine Zeit mehr.

    Eigentlich hat Papa die meiste Zeit auch keine Zeit gehabt. Weil es immer so viel zu tun gab. Die letzten Jahre hat sich das geändert und mittlerweile hat er wieder mehr Zeit. Zumindest so viel mehr Zeit, um zu merken, wenn jemand weniger Zeit hat. Mama hat heute noch keine Zeit, obwohl sie nicht mehr jung ist. Dafür hab ich gerade Zeit, obwohl ich laut Papa keine Zeit haben dürfte.

    Ich bin der Zeitfrage schon lange überdrüssig. Es ist so einfach. Bekanntlich ist die Zeitmenge unveränderlich und für alle Menschen gleich. Aus diesem Grund kann man nur am anderen Ende ansetzen. Was auch jeder Mensch weiß und nicht mehr erklärt werden muss.

    Trotzdem bleibt das Problem akut und verlangt immer wieder nach Hinwendung. Ich möchte aber über die Zeitfrage nicht mehr diskutieren. Die Debatte ist schon geführt und jedes weitere Wort ist eine Verschwendung dessen, was fehlt.

  • 22. Dezember 2015

    Gestern war ich mit meinen Geschwistern in Darmstadt zum Einkaufen verabredet. Also nicht dieses Einkaufen, wo man sich unter innerem Zwang kurz vor knapp in die Stadt quält, weil man noch Geschenke braucht. Auch nicht dieses Einkaufen der Lebensmittel für die Festtage, was ebenso stressig ist. Sondern eher dieses Einkaufen, wo man eigentlich gar nichts einkauft, weil man schon alles erledigt hat, und eigentlich nur etwas Zeit mit seinen Geschwistern verbringen möchte. Also schlendert, Kaffee trinken geht und den anderen beim Einkaufen zuschaut.

    Jedenfalls, beim Losfahren in Mannheim habe ich noch gedacht, du musst unbedingt noch Tanken. Als ich an der ersten Tankstelle vorbeigefahren bin, hab ich gedacht, jetzt habe ich keine Lust. Nach dem Einkaufen auf dem Weg zurück, hab ich an der gleichen Tankstelle gedacht, jetzt geht’s auch nicht, weil sonst meine Geschwister im Restaurant zu lange auf mich warten (wir gehen nach dem Einkaufen meistens noch schön essen). Dann muss ich halt spät bei mir im Stadtteil noch tanken. Als ich dann nach dem Essen spät im Stadtteil angekommen bin, hab ich das Tanken vergessen.

    Voll blöd! Deswegen habe ich vorhin extra die Wohnung verlassen, nur um zu tanken. Das Tanken an sich geht ja immer total schnell, sodass ich mich immer frage, warum hast du das jetzt eigentlich so lange vor dir hergeschoben? Wo man dann auch schon extra die Wohnung verlassen hat, hab ich gedacht, jetzt könntest du auch noch schnell durch die Waschanlage fahren. Das wollte ich eigentlich dieses Jahr aussparen. Es ist ja nicht weniger Weihnachten, nur weil das Auto nicht sauber ist.

    Bei der Waschanlage um die Ecke (bei mir ist irgendwie alles um die Ecke) war auch nicht viel los, was mich total gefreut hat. Ich mag diese Waschanlage um die Ecke sehr. Das Auto fährt da nämlich komplett alleine durch und man kann der Waschanlage beim Auto waschen zuschauen. Danach wird das Auto vom Waschanlagenmann noch grob von Innen gereinigt. Weil ich es nicht so gerne hab, wenn andere Leute meinen Schmutz wegmachen, helfe ich da auch immer mit. Der Waschanlagenmann putzt meistens von rechts und ich dann immer von links.

    Normal saugt der Waschanlagemann kurz durch und entstaubt die Armaturen. Keine Ahnung, warum, immerhin lass ich dort jetzt schon einige Jahre mein Auto putzen, und sonst wurde das nie gemacht, aber diesmal hat der Waschanlagenmann auch meinen Aschenbescher geleert. Beim Öffnen des Aschenbechers guckt er mich komisch an. Ich dachte, warum guckt er denn jetzt so komisch? Das ist ein Aschenbecher, da sind halt Zigarettenstummel drin

    „Sie rauchen ja im Auto!“
    „Ja!“
    „Aber das Auto riecht gar nicht nach Rauch.“

    Ich wusste irgendwie nicht, was ich sagen sollte. Da kann ich doch nichts dafür. In der Wohnung rauch ich nicht, da bin ich konsequent, aber im Auto kommt das schon mal vor. So eine Langstrecke und gute Musik im Radio, ich meine, wie soll man da nicht rauchen? Aber Langstrecken hat man halt nicht so oft und deswegen rauche ich im Auto recht selten.

  • 15. Dezember 2015

    Wenn ich Kollegen am Arbeitsplatz besuche und deren Posteingang sehe, habe ich meistens ganz viele Fragezeichen im Kopf. Ich sehe die unzähligen Mails im Posteingang. Manche sind ungelesen (Dickschrift), andere sind gelesen (Dünnschrift), manche sind zur Nachverfolgung markiert, wieder andere werden farbig angezeigt. Mir kommt es vor wie eine unendliche Liste, wo man gar nicht mehr richtig weiß, wo oben und unten ist.

    Ich selbst arbeite nach der Zero Inbox Methode. Schon immer. Ich sortiere Mails zur Kenntnisnahme sofort weg, lösche unwichtiges, antworte zeitnah und übernehme Aktivitäten in meine ToDo-Liste. Die längste Zeit wusste ich eigentlich nicht, dass Zero Inbox eine konzeptionelle Methode ist. Aber alles andere würde mich überfordern und wahnsinnig machen.

    Letzte Woche habe ich mich schon im Büro für Weihnachten verabschiedet. Den letzten Arbeitstag hatte ich mir im Kalender freigehalten. Damit ich noch Zeit habe, mich bei meinen Projektteams, die mich über das Jahr begleitet haben, zu bedanken. Ich schreibe. Ich lege richtig viel Gefühl und Persönlichkeit rein, weil ich die Menschen erreichen möchte, und man mit „Thank you for the successful golive“ nicht durch die Oberfläche kommt. Ich brauche Mut zum Versenden.

    Schon nach wenigen Momenten kommen die ersten Antworten zurück. Und es liegt das gleiche Gefühl darin. Ich kämpfe ein wenig mit den Tränen, mache den Rechner aus und lasse die Mails im Posteingang stehen.