Folgendes eMail habe ich gestern von einem Lehrer aus Bremen erhalten.
Sehr geehrter Herr Hiltscher, < – gleich in der Anrede ein Rechtschreibfehler
meine Schüler haben Ihre Seite zitiert.
Da biste erstmal platt!
Nun muss ich entscheiden, ob ich Ihre Seite als „zitierfähig“ zulasse.
What?
Eigentlich war ich der Annahme, jegliche Form der Existenz wäre im default automatisch zitierfähig. Im Umkehrbeweis ist schließlich alles, was nicht existiert (also nicht gesagt oder publiziert) auch nicht zitierfähig. Logisch, oder?
Leider finde ich nirgendwo ein Hinweis auf Ihre Qualifikation.
Sind Sie Germanist?
Aha! Da kommt’s raus! Er meint gar nicht zitierfähig, sondern viel mehr zitierwürdig. Und diese Zitierwürdigkeit wird nicht davon abhängig gemacht, ob die vorliegende Publikation gewisse fachliche Anforderungen erfüllt, was er natürlich selbst beurteilen können müsste, sondern an dem fachlichen Bildungsgrad des Autors, welcher leider in diesem Fall (weil ich mich selbst betreffend immer wortkarg bin) unbekannt ist.
Zudem ist „ein Hinweis“ falsch dekliniert!!!
Mit freundlichen Grüßen
P.Schuster
Da antworte ich lieber nicht drauf.
PS: Nein. Ich bin kein Germanist.
Hahahahaha :-)
++++ Zertifizierung als zitierwürdige Website+++++
Hiermit bestätige ich aufgrund der mir von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg verliehenen Doktorwürde in Germanistik, dass diese Seite sowie der Autor alle Kriterien einer zitierwürdigen Quelle erfüllen.
++++ Gezeichnet: Dr. Julia Schönborn ++++
Wenn nur Germanisten als zitierfähig zugelassen werden …
Das darf man gar nicht weiter denken.
So, nochmal zu der Sache mit der Zitierfähigkeit: Du solltest den Herrn unbedingt darauf hinweisen, dass grundsätzlich jede Quelle im Internet zitierfähig ist, Format:
Autor: Titel, Website, Abrufdatum.
Natürlich kann man eine Unterscheidung zwischen Zitierfähigkeit und Zitierwürdigkeit treffen. Das allerdings wäre eine subjektive Einordnung, die in keinerlei Hinsicht vom Fach selbst als einer Art wissenschaftlichem Kriterium vorgegeben wird. Zu deutsch (ha, ha): Kann man machen, ist dann halt …
In einer Antwort an den Urheber der Mail wäre hier so vieles anzuführen: Das Problem des/ eines geschlossenen Elfenbeinturms, die fehlende Anerkennung für das Schreiben im Netz, die Geistesleistung so vieler Menschen, die niemals einen Universitätsabschluss erhalten haben etc etc. Und wenn ich so darüber nachdenke, möchte ich mich über diese Mail an Dich wirklich aufregen. Aber das ist natürlich Quatsch. Wir haben es hier mit Füßen zu tun, die in Beton gegossen wurden, auf dass sie für immer das eigenständige Denken aufgeben und nur noch in Schablonen agieren. Denen ist am besten mit Geduld und Liebe zu begegnen. Sieh es als Dienst an uns allen an, die wir ins Netz schreiben. Klär ihn auf, erkläre ihm, dass dieses „Internet“ (TM) mittlerweile als Quelle anerkannt ist, und dass es dazu keinen Germanisten braucht.
Aber Du darfst zusätzlich auch gerne mein Zertifikat reinkopieren. :D Mach ich nicht für jeden, mein Lieber.
War Goethe eigentlich Germanist? Und Einstein? Und Sokrates?
@junaimnetz
:-D
Du bist ein Schatz!
Ich kann mich noch daran erinnern, dass es in der Vergangenheit hitzige Diskussionen darüber gegeben hat, ob das „Internet“ überhaupt zitiert darf, und wenn ja, in welcher Weise. Aber ich wusste nicht, wie diese Diskussion am Ende ausgegangen ist; ich habe einfach angenommen, dass dies keine offene Fragestellung mehr ist.
Letztendlich ging es darum dem lieben Herrn auch nicht. Weil, egal welchen Standpunkt er in dieser Diskussion auch einnimmt, die Kriterien der Zitierwürdigkeit kann er ja in diesem Kontext selbst und eigenmächtig prüfen. Dafür braucht es keine Rückfragen.
Ich muss echt zugegeben, dass mich dieses eMail echt enorm aufgeregt hat. Das passiert selten. Mich stört einfach, dass man Dinge nur als relevant (also zitierwürdig oder was auch immer) betrachtet, sofern ein gewisses Renommee dahinter steht. In der Konsequenz würde daraus folgen, dass Inhalte nicht für sich selbst sprechen und stehen können.
Nee, ich antworte auf dieses eMail gar nicht. Das gibt doch nur frustrierende Diskussionen. Der Mensch an sich ändert sein Mindset meistens nicht aufgrund einer einleuchtenden Argumentation, sondern erst wenn er durch einen anderen Menschen, dem er Vertrauen entgegen bringt, inspiriert wird.
@Barbara
@Heike
Den Germanisten muss ich leider etwas abschwächen. Die Anfrage hat sich nicht auf diesen Blog bezogen, sondern auf eine andere Arbeit von mir, welche irgendwo im Internet herum steht. Dabei ging es um die Betrachtung einer geschichtlichen Kulturepoche. Klingt jetzt viel hochtrabender als es ist. Aber jedenfalls hat er deswegen gefragt, ob ich Germanist bin.