Löwen sind ja auch so ein Sternzeichen. Wenn sich jemand mit dem Ego auskennt, dann die. Überheblich, kritikunfähig, selbstsüchtig. Da hat man schon keine Lust mehr auf Löwen und will die Eigenschaften gar nicht weiter aufzählen. Wenigstens sollen die gut im Bett sein (angeblich). Die Männer zumindest! Eine Löwin wäre dagegen viel zu anstrengend (da musste liefern). Aber es gibt auch etwas Gutes zu berichten: An Weihnachten sind Löwen in der engeren Familie äußerst praktisch. Man muss nichts machen (noch nicht mal brav sein) und wird von oben bis unten von Geschenken überhäuft. Die können nichts dafür, die sind halt so. In deren Algorithmus wurde das fest implementiert. Äußerst unpraktisch ist es nur, wenn man selbst der Löwe ist.
Die Gratis-BILD
Jedenfalls packe ich meine Geschenke immer in Zeitungspapier ein. Deswegen habe ich mich letztes Jahr auch sehr über die Gratis-BILD gefreut. Leider war die ziemlich dünn (hatte nur wenige Seiten). Aus dem Grund musste ich noch eine FAZ dazukaufen, weil die Gratis-BILD nicht für alle Geschenke gereicht hat. Ein bisschen habe ich damit aber mit der Tradition gebrochen, weil normalerweise verpacke ich Geschenke immer mit der ZEIT. Die ZEIT ist super. Ich habe es noch nie geschafft, eine ganze ZEIT vollständig an einem Weihnachten zu verbrauchen. Die ist so dick, dass man damit noch gut über die Geburtstage des darauffolgenden Halbjahres kommt. Aber an der Tankstelle war die ZEIT leider schon ausverkauft und deswegen zum nächsten Zeitschriftenshop laufen? Ich hab kurz darüber nachgedacht, hätte mich in dem Fall aber selbst etwas seltsam gefunden.
Es gibt aber auch Nachteile am Zeitungspapier. Man macht sich nämlich wegen der Druckerschwärze ziemlich die Hände schmutzig. Nicht nur die eigenen Finger beim Einpacken, sondern auch die Finger der Anderen beim Auspacken. Für bestimmte Geschenke muss man sich additiv noch eine Zwischenverpackung ausdenken, weil sich die Geschenke mit der Druckerschwärze nicht vertragen. Ein weiterer Disadvantage ist die „Schwäche“ des Papiers. Das Zeitungspapier reißt sehr leicht, weil es so dünn ist, man muss beim Transport richtig aufpassen, vor der Bescherung meistens vereinzelt noch mal nachkleben. Große Geschenke verpacke ich deswegen meistens doppelt.
Wenn ich so darüber nachdenke, alles ziemlich umständlich. Ich kann mich leider auch nicht mehr erinnern, wie es zu dieser Tradition gekommen ist. Wahrscheinlich hab ich gedacht, die Verpackung wird eh nur weggerissen, ich konzentriere mich lieber auf den Inhalt. Das Zeitungspapier gehört mittlerweile in meinem sozialen Umfeld schon ein bisschen zu meinem Markenzeichen. Wobei ich selbst ja eigentlich gar keine Zeitung mehr lese. Aus dem Grund kann ich leider auch keine Nachhaltigkeit beanspruchen, da hätte ich schon ein paar Gratis-BILD mehr gebraucht, weil die FAZ, die habe ich ja auch gekauft (hätte ich also auch Geschenkpapier kaufen können).
Das Handwerk unterstützen
Insgesamt ist es bei den Geschenken letztes Weihnachten auch nicht so gut gelaufen. Also logistisch, meine ich jetzt. Obwohl es zu Beginn eigentlich ganz gut angefangen hat. Bis Ende November waren alle Geschenke bestellt. Ich versuche nämlich immer den Dezemberstress mit dem Novemberstress zu konsolidieren, damit ich nur einmal Stress hab und die Vorweihnachtszeit genießen kann (ziemlich schlau, oder?). Jedenfalls in den darauffolgenden Wochen hat sich ein richtiger Paketberg in meiner Wohnung gebildet, Zum Auspacken bin ich leider aus anderen Gründen vorerst nicht gekommen.
Wenn man da so Geschenke im Internet rumbestellt, kann ich es nicht vermeiden, mir selbst auch etwas zu bestellen (dann macht das ganze auch noch viel mehr Spaß). Ich hatte eh noch zwei weiße Hemden auf dem Einkaufszettel, weil ein paar meiner alten Hemden am Ärmel ausgefranzt waren. Ich trage sehr oft weiße Hemden. Fast ausschließlich. Weil ich dann morgens vor dem Kleiderkrank nicht überlegen muss (die Energie hab ich schon mal gespart), sondern blind hineingreifen kann. In mir steckt halt auch ein bisschen was von Steve Jobs und Mark Zuckerberg.
Jedenfalls, Mitte Dezember hab ich dann mal langsam angefangen, die Pakete aufzumachen. War höchste Eisenbahn, weil die ganzen Schachteln mich auch beim Wohnen genervt haben. Leider musste ich dann feststellen, dass die zwei bestellten Hemden statt normaler Knöpfe diese komischen Umschlagmanschetten hatten. Das kann ich schon mal gar nicht leiden, finde ich nämlich sauspießig. Hab ich wohl im Online Shop nicht richtig aufgepasst. Ziemlich doof. Noch viel doofer aber, dass die Rückgabefrist natürlich schon längst abgelaufen war. Aber wieder verkaufen, das war mir zu viel Arbeit. Ich hab die Hemden dann originalverpackt einfach zu meiner Schneiderin gebracht, um die Sache zu korrigieren. Naja, das war am Ende dann ziemlich teuer und ich hätte mir davon fast schon wieder zwei neue Hemden kaufen können. Aber das Handwerk vor Ort zu unterstützen, das ist ja auch was.
Wenn die Oma an das Telefon geht
Bei den Geschenken lief es aber auch nicht viel besser. Mein Bruder trinkt gerne Wein (ich auch, aber mein Bruder noch viel lieber). Deswegen habe ich ihm drei Flaschen guten und hochwertigen Wein bei einem renommierten Weingut bestellt. Wenn ich bei einem kleinen Unternehmen etwas im Online Shop bestelle, hab ich ja immer ein komisches Gefühl im Bauch. Ich weiß nämlich ganz genau wie die arbeiten!
Ich bin selbst in einem kleinen Familienbetrieb aufgewachsen. Bei uns hat die Oma manchmal Tischreservierungen für die Gaststätte per Telefon entgegen genommen. Nur hat sie halt die Reservierung von Zeit zu Zeit schon mal fünf Minuten nach dem Telefonat wieder vergessen (oder das Lokal war schon ausreserviert, was die Oma aber nicht wusste). Und dann steht irgendwann eine Gruppe von 10 Personen im Restaurant, aber alle Tische sind belegt. Da kommt man ganz schön ins Schwitzen! Und so richtig erklären kann man die Sache mit der Oma gegenüber der Kundschaft auch nicht. Deswegen haben wir irgendwann der Oma verboten, Reservierungen entgegen zu nehmen. Aber alte Leute lassen sich halt oft nicht so gut was sagen und daher standen immer wieder unerwartete Leute mit Reservierung im Hof.
Als ob ich es schon geahnt hätte, so lief das dann auch mit meiner Weinbestellung. Die Bestellung hat zwar das Weingut erreicht, aber die Lieferung nicht mich. Das habe ich aber erst gemerkt, als ich Mitte Dezember die Pakete aufgepackt hatte und im letzten Paket keine Weine waren. So viele Tage waren das jetzt auch nicht mehr bis Weihnachten.
Die Ursache war zum Glück schnell gefunden. Das Weingut hatte sich bei der Hausnummer verschrieben. Auf dem Paket stand Kopernikusstraße 61, aber ich wohne halt in der Kopernikusstraße 62. Auf dem Dorf hätte die Zustellung trotzdem funktioniert, in der Stadt funktioniert das nicht und in der Stadt liegt leider auch meine Kopernikusstraße. Kann passieren, da bin ich nicht so streng. Ich fantasiere mir schnell eine schöne Geschichte um den Sachverhalt herum und schon ist alles wieder gut.
Geheime DPD-Shops
Umgekehrt ist es aber auch nicht besser gelaufen. Die @Himbeerwerft wollte mir eine Freude machen, gemacht hatte sie mir aber erst mal Arbeit. Gewöhnlich kann ich Sendungen nur ganz selten persönlich annehmen. In diesem Fall hatte ich eine Benachrichtigung von DPD im Briefkasten. Von DPD erhalte ich ganz selten Pakete. Der Paketshop war laut Benachrichtigungskarte nicht weit weg. Jetzt war nur doof, dass ich die angegebene Hausnummer nicht entschlüsseln konnte. Das war überraschend lehrreich, mir war nämlich echt nicht klar, dass man eine Zahl so schreiben kann, dass sie quasi jede Zahl bedeuten kann, was doch ziemlich erstaunlich ist. Dieser Sachverhalt wird zwar die Welt nicht verändern, aber mich hat er trotzdem unglaublich beeindruckt.
Jetzt war nur doof, dass die betroffene Straße ziemlich lang ist, sie streckt sich über den ganzen Stadtteil. Aber das Gute an Straßen, man kann sie ganz einfach ablaufen. Und das habe ich dann auch gemacht. Einmal hoch (auf der einen Seite) und einmal runter (auf der anderen Seite). Bisher war mir ja absolut nicht bewusst, wie viele Paketannahmestellen es hier gibt. Da war alles dabei, was Rang und Namen hat, in mehrfacher Ausprägung. Nur einen DPD-Shop habe ich nicht gefunden.
Das war natürlich etwas komisch. Zu meiner Entschuldigung muss ich aber sagen, dass es schon dunkel war (und geregnet hat es auch ein bisschen). Im Dunklen sieht man ja nicht so gut. Zuhause habe ich gleich mal im Internet geguckt und gelernt, dass es in der betroffenen Straße gar keine DPD-Annahmestelle gab. Laut Hotline gab es zudem auch die Sendungsnummer auf der Benachrichtigungskarte nicht. Aber da hab ich gedacht, das ist zu viel komisch auf einmal, das ist ein Fehler in der Matrix.
Einfach mal eine Nacht drüber schlafen, das hat sich auch in diesem Fall gelohnt. Hab dann am nächsten Morgen meinen schwulen Bäcker beim Brötchen holen gefragt (du, sach mal, gibt es hier in der Straße einen DPD-Paketshop). Gab es tatsächlich, nur hat der Laden nicht DPD-Paketshop geheißen, sondern Juliane Wedding (Wäsche & Textilen). DPD ist echt Underground, sag ich euch.
Der Laden von Frau Wedding ist total nett (war ich jetzt endlich auch mal drin). Und Frau Wedding auch. Ich würde da jetzt gerne öfter hingehen, aber sie hat leider nur so Kram für Frauen. Als ich ihr die Benachrichtigungskarte von DPD gab, durfte ich sogar mit in den Nebenraum gehen, wo die ganzen Pakete lagerten. Wir haben uns dann ein bisschen unterhalten, aber nach wenigen Momenten dachte ich dann schon, das dauert aber verdächtig lange. Und dann sagte sie auch, „Herr Hitschler, ich finde ihre Sendung nicht.“ Wir haben dann auch noch mal gemeinsam alle Pakete kontrolliert, vier Augen sind halt besser als zwei, aber wenn mein Paket nicht da ist, ändern vier Augen auch nichts daran.
Frau Wedding guckte noch mal auf die Karte. „Ach, das ist ja gar nicht bei mir. Das ist die DPD-Filiale unten im NKD.“ „Im NKD?“ „Ja, im NKD. Hier in der Straße mache ich oben und der NKD macht unten“ „Aha“. Da kam ich mir natürlich ein bisschen doofie vor. Zu meiner Entlastung muss ich aber ausdrücklich noch mal darstellen, dass man die DPD-Funktionalität von Juliane Wedding (Wäsche und Textilien) und NKD von Außen nur erkennt, wenn man das Schaufenster sehr genau abcheckt. Unten in der Ecke jeweils ein kleiner DPD-Aufkleber und das war’s. Aber im NKD habe ich mein Paket dann auch wirklich vorgefunden. Dass der NKD noch nicht mal 1 Minute Fußweg von meiner Wohnung entfernt liegt, war dann auch noch mal so ein Treppenwitz.
Das Paketverteilerzentrum in Speyer
Beim Versenden habe ich mich auch nicht wesentlich besser geschlagen. Ich wollte nämlich zeitgleich der @Himbeerwerft auch eine Freude bereiten, was aber nicht so funktioniert hat, wie ich wollte. Das Paket kam einfach nicht über das erste Paketverteilerzentrum von DHL in Speyer hinaus. Es war richtig frankiert, richtig beschriftet, richtig verpackt und kam trotzdem immer wieder ohne Angabe von Gründen zurück. Ich konnte das nicht erklären und die Post selbst auch nicht. Die Frau in der Filiale war total verwundert. In Ermangelung weiterer Ideen muss man halt nach das Trial&Error Prinzip abwenden. Nach zwei erfolglosen Versuchen hab ich dann den Inhalt einfach mal umgepackt und wieder losgeschickt.
Mittlerweile habe ich ja so eine Theorie. Das Paket hab ich zwar mit DHL verschickt, aber mit einem Adressaufkleber von UPS versehen. Das UPS-Zeug hab ich natürlich mit Edding übermalt (und die Post hat es auch angenommen). Einem Menschen wäre das auch nicht aufgefallen, aber in einem Postverteilerzentrum da arbeiten ja keine Menschen, da arbeiten Maschinen. Und ich glaub, diese Maschinen haben in ihrem Algorithmus eine Abfrage drin, die da lautet, wenn UPS-Adressaufkleber, Paket böse, Paket zurück – die sollen ihren Kram selbst versenden. Anders kann ich mir das nicht erklären.
Die Theorie war aber leider falsch, weil die dritte Sendung (ohne UPS-Adressaufkleber, sondern nur mit normaler Handschrift) schon wieder zurück kam. Das heißt genau genommen, kann das nicht bewiesen werden, dass meine Theorie falsch ist, weil beim Drittversuch hab ich versehentlich die Felder für Absender und Empfänger miteinander verwechselt. Beim vierten Versuch hab ich endlich alles richtig gemacht (ich hatte dann ja auch genug Übung) und das Paket kam tatsächlich an, zwar erst im neuen Jahr, aber man kann halt nicht alles haben.
Das eigene Nervenkostüm
So ist das halt, manchmal versagt man selbst, manchmal versagt das System und wenn beides zusammen kommt, dann hat man richtig Arbeit. Man hat nicht nur einmal Arbeit, sondern immer wieder Arbeit. Zum Glück hatte ich Urlaub, sonst hätte mich das alles (eventuell) schon ein bisschen zur Weißglut gebracht. Im Alltag hat man für so einen Schampel einfach keine Zeit. Die Tage sind stramm durchgeplant und alles folgt in hoher Frequenz aufeinander. Da muss es flutschen.
Tatsächlich war ich dem Universum aber richtig dankbar für diese Eskapaden. Ich liebe solches Durcheinander und habe mich köstlich amüsiert. War das nicht eine schöne Veranschaulichung? Ich find’s zum totlachen, wie leicht und einfach unsere Systeme durch belanglose Details ins Wanken kommen und damit ihre Effizienz verlieren. Weil wir selbst auch implizit durch die Systeme bestimmt werden, wirkt diese Störung also direkt in unser Leben hinein und stört wiederum unsere eigenen Ablaufe. Und das ist gut so!
Wenn gestörte Abläufe mein Nervenkostüm unter Druck setzen, dann verstehe ich das immer als Warnlampe, die mir etwas Bedeutsames über mich selbst unter die Nase reibt! Dann ist es Zeit für weiterreichende Gedanken.