Liebe Deutsche Telekom

Tagsüber bin in der Regel nicht zuhause. Ich arbeite in Vollzeit zu den üblichen Zeiten. Blöd ist, dass genau zu dieser Zeit, mein Festnetz-Telefon am häufigsten klingelt. Die Anrufer sind meistens Dienstleister, Ämter und Callcenter. Oft muss man aber erst einmal herausfinden, wer da überhaupt angerufen hat, wenn man nach Hause kommt. Umgekehrt möchte ich manchmal gar nicht, dass man mich telefonisch erreicht. Irgendwie habe ich teilweise richtig seltsame Typen im Freundeskreis. Das ist jedes Mal ein Drama und Kunststück, höflich und unauffällig zu signalisieren, „du, es ist gerade ganz schlecht“. Meistens kapieren die das auch nicht. Ähnlich ist es im Urlaub. Da will ich eigentlich von gar niemanden angerufen werden. Da dürfen mich höchstens Mama und Papa im Notfall erreichen.

Ich weiß, du hast auch deine Sorgen mit der Kommunikation. Es fehlt an Ertrag, es fehlt an Zukunft, es fehlt das gewisse Etwas. Apple, Google und Amazon werden fast täglich in den Medien gefeiert und verdienen sich dumm und dämlich. Das können die aber nur, weil sie durch das Nervensystem fließen, das wir dir zu verdanken haben (also ich meine jetzt die Internetleitungen). Als Dankeschön wird über dich in den Medien aber nur zu Kundenschwund und schlechtem Service berichtet. Und die Presse hat leider oft sogar Recht. Der schlechte Service ist zwar systembedingt, aber der Kundenschwund ist nicht von der Hand zu weisen. Das ist nicht fair. Es fehlt irgendwie an echter Wertschätzung. Telefon, Mobilfunk, Internet und sogar Fernsehen, alles aus einer Hand. Das ist doch was. Das ist Ursprung, Kern und Zentrum der Informationsgesellschaft. Telefon, Mobilfunk, Internet und Fernsehen.

Was ist Innovation? Die Frage ist gar nicht so einfach. Joyn ist schon mal keine Innovation. Joyn kommt viele Jahre zu spät. Der Telekom Music Shop ist auch keine Innovation. Wer Musik kaufen möchte, geht zu Apple, Google und Amazon (da sind diese Namen ja schon wieder) oder in den Plattenladen. Die Kooperationen mit Navigon oder Spotify sind eigentlich sehr gute Ideen, aber letztlich auch nur nettes Beiwerk und keine Innovationen im Kerngeschäft.

Ich wünsch mir schon seit Jahren eine Nummer. Eine ganz normale Nummer, die aus Zahlen besteht. Eine einzige Nummer, unter der ich überall erreichbar bin. Wenn man diese Nummer anruft, dann klingelt mein Telefon zuhause und es klingelt gleichzeitig mein iPhone unterwegs. Aber auch mein iPad und mein Notebook. Ich kann auf jedem beliebigen Gerät abnehmen und ich würde immer dasjenige wählen, das mir gerade am nächsten ist. Ich würde damit auf der Arbeit keinen Anruf mehr verpassen. Ich müsste keine zickigen Mobilboxen mehr abhören. Ich wäre selten in der gefühlten Pflicht zurückzurufen, weil man mich nicht erreicht hat. Und wenn man mich nach meiner Nummer fragt, müsste ich nicht mehr überlegen, welche Nummer ich angebe, Handy, Telefon oder beides?

Und nicht nur das, ich würde gerne ungeliebte Anrufer (z.B. Callcenter) blocken oder weiterleiten (z.B. auf ein Band: Kein Anschluss unter dieser Nummer). Ich hab einfach nicht den Mut zu sagen, dass sie nicht mehr anrufen sollen. Diese Firewall soll automatisch eingreifen, zentral konfigurierbar sein und nicht manuell auf Knopfdruck ausgelöst werden. Aber es geht noch weiter, ich möchte genauso (umgekehrter Mechanismus), dass mein iPhone im Urlaub nur bei bestimmte Anrufen klingelt (Mama und Papa). Quasi ein Autoresponder mit Ausnahmen für Telefon und Handy. Und damit immer noch nicht genug, ich würde gerne zentrale Regeln definieren. Meine Kinder sollen mit ihren Handys nicht stundenlang mit ihren Freunden telefonieren. Ich möchte aber keine Telefonate verbieten, sondern nur zeitliche Beschränkungen auf die Verbindungen legen (außer wenn sie bei mir anrufen natürlich). All das möchte ich aber nicht in nervigen Menüs auf den Endgerät konfigurieren, sondern zentral über eine Weboberfläche verwalten.

Ich wünsch mir diese Dinge schon seit Jahren und ich frage mich immer wieder, warum es das noch nicht gibt. Ich bin kein Telekommunikationsingenieur, aber als Informatiker auch nicht unbedingt vom anderen Stern. Technisch sollte das möglich sein. Die magische Nummer, die alle Geräte klingeln lässt, und die voll regelbasiert auch nach komplexen Bedingungen konfigurierbar ist. Wenn es dazu nicht den Zugriff auf allen Infrastrukturebenen bräuchte, hätten diese magische Nummer schon unzählige Startups auf den Markt gebracht. Aber diesen Zugriff auf allen Ebenen, den hat nur einer und das bist du. Telefon, Mobilfunk, Internet, Fernsehen.

Das wäre eine wahre Innovation. Mitten im Kerngeschäft. Telekommunikation. Ein Infrastrukturprodukt. Alles spricht dafür. Die Gesellschaft befindet sich im Wandel. Schon seit Jahren. Alles wird mobiler. Alles wird dynamischer. Alles wird ungebundener. Familien nach klassischer Konzeption gibt es kaum noch. Und damit klingeln immer mehr Telefone zuhause einsam vor sich hin. Die ganze Welt wartet auf diese eine magische Nummer. Ich halte wirklich große Stücke auf dich und frage mich beinah täglich, warum du dich mit anderem unwichtigen Kleinkram aufhältst.

Ja, ich weiß. Der Anfang ist schon gemacht. Es gibt ja mittlerweile den Internet-Telefonanschluss. Dieser neue Anschluss ist zentral konfigurierbar und man kann ihn auch mit dem iPhone oder Computer nutzen. Liebe Telekom, bitte keine Ausreden. Man kann nicht wesentlich mehr konfigurieren als bei einem klassischen analogen Anschluss, das Festnetz-App für das iPhone macht sofort den Akku leer und wenn man am Computer den SIP-Client startet, während es schon klingelt, kann man noch nicht mal abheben. Das zählt alles nicht.

Und wo wir gerade schon dabei sind. Ich hab ein Notebook mit UMTS-Stick, ein iPhone, ein iPad und einen Router mit Mobilfunk-Verbindungsbackup. Dazu liebäugle ich noch mit einem Gerät zwischen iPhone und iPad für unterwegs zum eBook lesen. Das ist heutzutage wirklich nichts Außergewöhnliches. Was benötigen all diese Geräte? Richtig, SIM-Karten. Und natürlich möchte ich nicht für jedes einzelne Gerät einen eigenen Vertrag mit festen monatlichen Kosten abschließen. Erstens würde ich bei den vielen Verträgen ganz den Durchblick verlieren (alles ist so kompliziert, die Welt muss unbedingt einfacher werden) und dann hab ich ja nur zwei Hände und kann immer nur ein Gerät zu gleichen Zeit nutzen. Es gibt auf dem Markt kein einziges Produkt für mein Bedürfnis in dieser Sache. Dafür sind Unternehmen doch da. Bedürfnis, Bedarf, Nachfrage und dann kommst du ins Spiel. Ich wünsche mir einen Vertrag, auf den ich beliebig viele Geräte nehmen kann (derzeit gehen maximal 3). Ich kann mir nicht erklären, wo das Problem dabei liegt? Ist es Angst? Angst vor großen Datenmengen?

Liebe Deutsche Telekom. Ich würd dich am liebsten erst mal umarmen und drücken. Deine Produkte und Dienste sind wirklich toll. Es gibt keinen Grund sich zu verstecken. Man darf mit Recht stolz darauf sein. Mach weiter. Es ist so viel wahre Innovation möglich. Bei den klassischen Produkten für Telekommunikation. Direkt auf der Infrastrukturebene. Da gibt es unglaublich viel Potential. Die Zukunft ist da. Sie wartet auf dich.

Über den Autor
Marco Hitschler wohnt in Mannheim und schreibt auf diesem Blog beliebige Texte in das Internet hinein. Sein Handwerk ist die Informatik und beruflich arbeitet er im Projektmanagement. Wenn man einmal mit dem Bloggen angefangen hat, kann man nicht mehr aufhören. Furchtbar! Infolgedessen wird auf diesem Blog ganz kunterbunt in verschiedenen Formaten publiziert.
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